Beitragsbild: Aldebaran / Deutsche Meeresstiftung

In der Woche vom 26.-30. September nahmen sechs Schülerinnen und Schüler aus Jhg. 11 bis 13 an der watt’nMEER-Forschungswoche 2.0 am – und mit Oberstufenschülerinnen und – schülern des -Neuen Gymnasium in Wilhelmshaven teil. Wie schon bei der Forschungswoche für die Achtklässler waren auch bei diesem Projekt das Highlight die Forschungsfahrten auf dem Segler Aldebaran.  Zusätzlich standen Module in Kooperation mir dem Wattenmeerbesucherzentrum in Wilhemshaven, dem Senckenber-Institut und eine Fischkutterfahrt auf dem Programm. Am Ende können die Schülerinnen und Schüler ihre ersten eigenen Forschungspublikationen verfassen, die dann beim MINT-Echo Wettbewerb eingereicht werden oder am MINT-EC SchoolSlam mit British Council teilnehmen.

Einen ersten Eindruck über die Forschungswoche zeigt der folgende Film:

https://www.youtube.com/watch?v=PXxtarcRy9E

Über die aktuellen Ergebnisse wurde in einem Blog auf der Homepage des NGW berichtet:

„Mit dem Schülerforschungsprojekt „Watt’n Meer“ erleben Schülerinnen und Schüler in Wilhelmshaven im Rahmen einer Projektwoche den Lebensraum Nordsee hautnah, ihre großen Chancen und wichtigsten Bedrohungen.

Das Projekt soll als außerschulische Erweiterung des regulären Unterrichts die Begeisterung für das Thema Meer entfachen und vertiefen und den Spaß am Experimentieren wecken. Das Bewusstsein für das Wattenmeer, sowie für Umwelt- und Klimaschutz generell soll gestärkt werden, da das Meer der wichtigste Lebensraum für die Zukunft der Menschen ist und insbesondere Küstenregionen eine wichtige Verantwortung in der nachhaltigen Nutzung spielen werden.

Tag 5: Leckerer Fisch zum Ausklang der Forscherwoche.

Am letzten Tag sind wir nach Neuharlingersiel gefahren, um dort eine Schaufischkutterfahrt zu unternehmen. Nach einer amüsanten und kurzweiligen Busfahrt wurden wir von Anne-Marie Castillo Mispireta herzlich begrüßt und zunächst theoretisch in das Thema Fischfang in Küstennähe eingeführt. In diesem Kontext haben wir auch darüber diskutiert, wie die Architektur von Fischernetzen verändert werden kann, sodass die Menge an Beifang minimiert wird. Unseren Ergebnissen zufolge sind Netzmaschenweiten sowie fangfreie Schutzzeiten und Zonen von großer Bedeutung. Ferner gibt es beispielsweise Netze, die derartig an das Schwimmverhalten von Plattfischen angepasst sind, dass diese durch ein Loch im mittleren Teil des Netzes häufig entfliehen können. Daraufhin sind wir an Bord des ehemaligen Fischkutters Gorch Fock gegangen. In vier Teilgruppen behandelten wir die Themen Navigation, Plastik, Meeressäuger und Fische. Dabei haben unter anderem Folgendes erfahren:

Schollen schwimmen in den ersten drei bis vier Wochen nicht horizontal, sondern vertikal am Boden des Meeres. Nach dieser Zeit fällt die Scholle über und lebt am Meeresgrund. Sein Auge bewegt sich am Körper herum, sein Maul jedoch bleibt gleich. Dies dient dem Regenwurmfang, so kann eine biologische Anpassung nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip stattfinden.

Neben einer Entnahme und Begutachtung verschiedener Meeresbewohner sind wir mit der Gorch Fock zu den Seehundbänken vor Langeoog gefahren. Dort gab es Erfreuliches zu hören: Die Population der Seehunde hat seit Jahrhundertwende deutlich zugenommen. Von anfangs ca. 20 Tieren haben wir heute an die 200 sichten können. Weiterhin konnten wir noch Kegelrobben, welche sich unter die Seehunde gemischt hatten, beobachten. Zum Abschluss der Kutterfahrt haben sich sogar noch Schweinswale, eine lokale Seltenheit, gezeigt. Nach der Kutterfahrt und einer Fischbrötchenpause im Neuharlingersieler Hafen  ging es an den Strand zur Plastikprobe. Dort wurden zuerst aus abgegrenzten Quadratmetern Proben entnommen und danach unter UV-Licht leider positiv auf Mikroplastik untersucht. Besonders die Proben aus küstennahem Wasser enthielten viel davon.

So ging eine lehrreiche und unterhaltsame Woche voller Facetten zu Ende, die uns vor dem Hintergrund der an vielen Stellen festgestellten Verschmutzung des Wattenmeeres leider auch nachdenklich stimmt…

Tag 4: Forschungsreise auf der Aldebaran

Der Morgen begann mit einer Sicherheitsbelehrung und einer Einweisung in die Gerätschaften der Aldebaran.

Nach einer kurzen Einführung in die ökologischen Belastungsgrenzen nach Will Steffen haben wir uns mit den aktuellen Problemen der Weltmeere beschäftigt.

Das Kreisdiagramm von Will Steffen zeigt neun verschiedene Bereiche, die die Stabilität des Ökosystem der Erde und damit die Lebensgrundlage der Menschheit bilden. Das Diagramm zeigt, welche Bereiche gefährdet sind und bei welchen noch alles gut ist.

Das Diagramm unterscheidet zwischen vier Farben (grün, gelb, rot und grau). Die ersten drei Farben beschreiben den Zustand, in dem sich die Bereiche befinden. Grau wird in den Bereichen verwendet, in dem die Belastbarkeitsgrenze nicht definiert ist, dazu zählen die Bereiche „Neue Substanzen und „modifizierte Lebensformen“, „Aerosolgehalt der Atmosphäre“, und der ein Teilbereich „Funktionale Vielfalt“, des Bereiches „Intaktheit der Biosphäre“ haben keine definierte Belastungsgrenzen.

Von den Bereichen, bei denen Daten vorliegen sind „Biochemische Flüsse“ und ein Teilbereich der „Intaktheit der Biosphäre“ im roten Bereich und haben damit den sicheren Handlungsraum verlassen, von ihnen geht ein hohes Risiko mit gravierenden Folgen aus.

Die Bereiche „Landnutzungswandel“ und „Klimawandel“ sind gelb und haben damit auch den sicheren Handlungsraum verlassen und sind ein erhöhtes Risiko mit gravierenden Folgen.

Die „Süßwassernutzung“, die „Versauerung“ und der „Ozonverlust in der Stratosphäre“ befindet sich noch im grünen Bereich.

Insgesamt sind also von den definierten Bereichen nur drei von sieben Bereichen in einem grünen Bereich, zwei im roten, während bei drei Bereichen noch nichts definiert ist und somit nicht gesagt werden kann, in welchen Bereich sie sich befinden.

Das Diagramm zeigt also deutlich, in welch einer ernsten Lage wir uns befinden und das es unbedingt eine Reform in der Politik benötigt und ein umdenken in den Köpfen der Menschen.

   

 

Tag 3, 28.09.2022, Führung durch das ICBM und das Wattenmeerbesucherzentrum

Am dritten Tag sind beide Gruppen zum ICBM (Institut für Chemie und Biologie des Meeres) gefahren. Bereits vor Beginn des eigentlichen Programms erhielten wir die Möglichkeit uns mit der Geschäftsführerin des Instituts, Jana Stone, auszutauschen. Um 8:30 Uhr starte die Führung rund um die Facetten des Berufsprofils Meeresbiologie und der derzeitigen Forschung im maritimen Bereich.

Der Meeresbiologe besitzt ein vielfältiges Arbeitsfeld und zahlreiche Aufgaben. Die drei zugehörigen Forschungsmethoden setzen sich aus externen Forschungen, zahlreichen Experimenten sowie Modellierungen zusammen. Mittels Daten aus der Vergangenheit und Prognosen lassen sich beispielsweise Klimamodelle erstellen und verschiedenste Faktoren verändern.

Bei einem Rundgang durch das Institut hat Jana Stone uns das Projekt von einer Doktorandin (Lisa) vorgestellt, die sich mit dem obersten Film des Meeres, die sogenannte Bioschicht und dem davon beeinflussten Stoffaustausches mit der Luft beschäftigt. Dabei wird versucht möglichst ähnliche Bedingen wie im Meer zu schaffen. Dies wird durch ein Strömungsgerät, ein Temperaturregler und durch Regendrüsen, die z.B. Nieselregen, Starkregen ect. erzeugen können, erschaffen.

Im Folgenden haben wir Einblicke in Experimente zur Verteilung von Plastikmüll im Meer und zur sexuellen Fortpflanzung von Steinkorallen bekommen, ein bereits ausgezeichnetes Experiment von Dr. Samuel Nietzer.

Die sexuelle Fortpflanzung soll unabhängig von den „wirklichen“ Jahreszeiten geschehen, indem die Temperatur höher und Lichtverhältnisse heller werden. Außerdem besteht eine Kooperation mit einem Sonnencremehersteller, bei der untersucht werden soll, welche Komponenten der Sonnencreme schädlich für die Korallen sind. Ziel ist es einen Standard zu erschaffen, in der die Inhaltsstoffe ungiftig für die Korallen sind.

Nach der Mittagspause ging es weiter mit meeresbiologischen Inhalten. Wir begaben uns zum Wattenmeerbesucherzentrum, wo wir bei der Geologin Frau Dr. Wahnser eine Führung zu den verschiedensten Bestandteilen des UNESCO- Weltkulturerbes Wattenmeer bekamen. Es ergab sich nicht nur ein interessanter Einblick in die Anatomie und Physiologie eines Pottwals, sondern auch – dem Interesse der Schülerschaft am ursprünglichen Forschungsgebiet Frau Dr. Wahnsers geschuldet – eine Einführung in die Bedeutung des anthropogenen Eingriffes in die Welt der Manganknollen. Eine bis heute im forschenden Sektor heiß diskutierte Dynamik, die auch als Anreicherung des Seminarfachs fungieren konnte. Abschließend wurden die zentralen Subjekte der Erkenntnisgewinnung festgehalten, sowie der projektbeschreibende Film im Wattlabor des Besucherzentrums entwickelt.

Tag 2, 27.09.2022, Erste Einblicke in die Meeresforschung

Der Tag begann mit einem Vortrag über die Tiefsee-Forschung von Herrn Dr. Kai George, Fachbereichsleiter am Senckenberg-Institut für die Forschung an Meiobenthonischen Arthropoda. Nach einer eindrucksvollen Klarstellung der Dimension des Meeres führte Dr. George uns in die Geschichte der Tiefsee-Forschung ein. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hielten Wissenschaftler die Tiefsee aufgrund von hohem Druck, niedriger Temperaturen und fehlendem Licht für einen lebensfeindlichen Raum. Im Jahr 1872 widerlegte eine Expedition der Challenger diese Hypothese, indem sie Lebewesen auf 4000m tiefem Meeresboden fanden. Dr. George ging folglich konkreter auf sein eigenes Forschungsgebiet und die damit verbundenen Aufgaben und technischen Geräten ein. Einerseits gab er uns einen Überblick über die in der Forschung verwendete Technik.  Andererseits stellte Dr. George die aktuellen Forschungsfragen dar. Beispielsweise arbeiten die Tiefseeforscher daran, das Meiobenthos-Paradoxon zu lösen: Wie kann es sein, dass Lebewesen, die stark in ihrer Bewegungsfreiheit und Fortpflanzungsdynamik eingeschränkt sind, sich auf der ganzen Welt punktuell und disjunkt verteilen und dabei augenscheinlich riesige Distanzen überwinden? Eine Hypothese zur Lösung dieses Paradoxons ist, dass Lebewesen, die in Flachwassern leben, zufällig in die Tiefsee getrieben werden und dort überleben können.

Nach weiteren Themendiskusionen und wirklich interessanten Debatten verabschiedeten wir uns auf dem Weg zur Aldebaran. Dort agekommen wurden wir von der 6-köpfigen Crew, bestehend aus dem Skipper Frank Schweikert, Gründer des Aldebaran-Schiffprojekts, dem Co-Skipper Sören und den Assistentinnen Julia und Alina sowie Cordula herzlich begrüßt und in die Forschungsarbeit des Schiffes sowie Entstehungsgeschichte eingewiesen. Zuerst gab es eine allgemeine Einweisung in die Biosphäre des Wattenmeeres, danach fuhren wir in den Jadebusen hinaus. Nach einer leider verkürzten Ausfahrt aufgrund der schlechten Wetterbedingungen analysierten wir die genommenen Proben und fanden einige Nachweise für Mikroplastik in den entnommenen Proben.

Bei Einbruch der Dunkelheit beendeten wir zunächst unsere Forschungsarbeiten, damit endete ein weiterer interessanter Tag mit vielen neuen Erkenntnissen.

Tag 1, 26.09. 2022, 10 Uhr bis 16:30

Auf geht’s!

Müde und voller Vorfreude machten wir uns um 5:50 Uhr auf den Weg nach Wilhelmshaven. Im Neuen Gymnasium Wilhelmshaven (NGW) wurden wir von Frau Dr. Endres sehr herzlich begrüßt und in die Abläufe des Projekts eingeführt.

Im Anschluss daran haben wir uns mit dem Lebensraum Wattenmeer auseinandergesetzt und uns mit den geographischen Gegebenheiten beschäftigt. Dabei gewannen wir die folgenden Erkenntnisse:

  • Die Küstenlinie vor Wilhelmshaven war hochdynamisch: Der Jadebusen entstand durch eine starke Flut im Mittelalter.
  • Anders als bei der Nordsee vor Cuxhaven tauschen Ebbe und Flut am Jadebusen nur 20% des Wassers pro Zyklus aus.
  • Das Wattenmeer vor Wilhelmshaven besitzt eine starke Tiefenströmung.
  • Die Küste vor Wilhelmshaven ist steinig, da Sedimente und Sand durch die Strömung fortlaufend abgetragen werden.
  • Die Abwässer wurden bis vor zehn Jahren bei Starkregen in den Jadebusen geleitet. (Im Rahmen der Forschungswoche planen wir Untersuchungen der Wasserqualität im Jadebusen, um ggf. Langzeitfolgen identifizieren zu können.)

Zusammen mit Herrn de Haas haben wir mit Hilfe von Binokularen Fucus vesiculosus (Blasentang), Balanidae (Seepocken), Ulva lactuca (Meersalat) und Austern näher unter dem Mikroskop betrachtet. Dabei haben wir interessante Charakteristika festgestellt.

Pressekonferenz 

Um 9 Uhr fand die Pressekonferenz auf der Aldebaran statt, dabei waren sowohl Vertreter des NGWs als auch des Amandus-Abendroth-Gymnasiums (AAG) zugegen. Frank Schweikert (der Skipper) dankte den Schulen für ihre Partizipation und Herr Minister Lies dafür, dass das Projekt für die Schüler ins Leben gerufen wurde.

Dabei ist die Hoffnung für die Zukunft, dass mehr Projekte für Schüler möglich gemacht werden, bei denen sie die Möglichkeit bekommen, sich für das Ökosystem Wattenmeer zu begeistern.

20220921_DMS_Presseinformation_WattnMeer

UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeerbesucherzentrum 

Weiter ging es dann im UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeerbesucherzentrum. Nach einer Einführung im Biolabor wurden unterschiedliche Lebewesen den dortigen Aquarien entnommen. Unter dem Mikroskop identifizierten wir grundlegende Phänotypen von Meereslebewesen, die sich im Laufe der Evolution entwickelt haben, z. B. die Saugnäpfe der Seesterne. Ferner beobachteten wir, wie die Einsiedlerkrebse einen „aggressiven Tanz um Nahrung“ durchführten. Weiterhin haben wir fasziniert die Futteraufnahme von Krebsen und Seesternen beobachtet. Daneben haben wir die Reaktion von Nordseegarnelen (Crangon crangon) auf unterschiedliche Lichtverhältnisse untersucht: Auf dunklem Untergrund verfärbte sich der Körper der Garnele dunkel. Dies liegt in der Vergrößerung der Pigmentpunkte begründet und dient als Schutzmechanismus vor Fressfeinden.

Im Anschluss an die Untersuchung diskutierten wir angeregt mit Mitarbeitern des Wattenmeerbesucherzentrums. Dabei wurden kontroverse Themen nicht ausgespart, u.a. wurde die verkürzte Lebenserwartung der in Aquarien gehaltenen Organismen sowie der bei den Lebewesen hervorgerufene Stress durch ständiges Herausnehmen und Begutachten kritisch beleuchtet.

Abschließend sprachen wir über invasive Arten und deren Auswirkungen auf das heimische Ökosystem. Hierbei konnte zunächst keine klare Erkenntnis formuliert werden, ob heimische Arten dadurch aussterben. Auch dies gilt es, im Rahmen dieses Projektes zu beleuchten.

 

Damit endete ein interessanter erster Forschungstag.“

Der gesamte Blogeintrag kann auf der Homepage des NGW eingesehen werden:

https://ngw-blog.de/category/ngw/wattn-meer/